Der Dorn in Auge, Herz und Seele

22.04.2024

Ein Tagebucheintrag über den ersten Mann in mir und widerspenstigem Pesto…

Wenn Dinge einfach so aus dem Nichts passieren, sind es oftmals genau die Momente, die einem ewig in der Seele bleiben. Das Nichtnachdenken, das einfach Zulassen und das sich nicht gegen wehren sind es, was das Fließen jener Lebensenergie so wunderbar ermöglichen. Und so fühlte es sich an diesem Nachmittag bei ihm an. Draußen regnete es schon den ganzen Tag lang in Strömen und es war, als schenkte uns der Himmel bewusst diese Stunden des gemütlich kuschligen Serien-Sofa-Popcorn Marathons. Es sollte so sein, daran glaubte ich. Er führte mich in die Game of Thrones Welt ein, wobei ich mir erhofft hatte, endlich wieder eine gute Haudrauf Serie schauen zu können. Doch Pustekuchen. Dieses ständige Politikgequatsche, die vielen nervigen Intrigen und der Mangel an Schlachtszenen erschwerten mir es, konzentriert bei der Sache zu bleiben, dem hinreißenden Mann neben mir einen interessierten Eindruck zu vermitteln und meine Gedanken nicht nur um das leckere Popcorn kreisen zu lassen. Was mich aber schließlich doch auf Kurs hielt waren die vielen Sexszenen, die mich ziemlich aufheizten. Die ein oder andere traf absolut meinen Geschmack, andere dann auch mal weniger, aber insgesamt hat es die Atmosphäre im Raum enorm beeinflusst. Nach zweieinhalb Folgen war die Popcornschlüssel leer und er drückte kurz auf Stopp, um Neues aus der Küche zu holen. "Noch eine kühle Limo?" fragte er leicht grinsend und ich nickte ihm lächelnd zu. Nie zuvor habe ich mich so über das Drücken auf Stopp gefreut, wie in diesem Moment und nie sehnte ich mich so sehr nach kühler Limo, denn meine Kehle war ziemlich trocken geworden. Alle Feuchtigkeit in mir sammelte sich deutlich weiter abwärts von meinem Hals aus und ich fragte mich, ob es ihm ähnlich erging. Wen können denn bitte diese Szenen kalt lassen? Wieder mal ein kurzer Beweis dafür, dass ich als Nonne eine absolute Versagerin wäre. Keine fünf Minuten würde ich es ohne sündhafte Gedanken schaffen und gerade an diesem Nachmittag überflutete das Begehren meinen Körper und Geist. Die Tür ging auf, er kam bewaffnet mit Nährstoffen für Runde zwei herein, stellte die Sachen ab, setzte sich gezielt ein Stück näher neben mich heran und verharrte einen Augenblick. Ich hielt die Luft an. Dann sah ich sein umwerfendes Lächeln, spürte, wie er sich mit seinem breiten Oberkörper zu mir drehte, und fühlte seine warme rechte Hand an meiner linken Backe. Die sanften, aber sehr leidenschaftlichen Bewegungen seiner Lippen auf den meinigen erzeugten schließlich den allesentscheidenden, fliegenden Funken. Jupp, das Eis war gebrochen und mit diesem auch meine Selbstbeherrschung. Ich griff nach den Seiten seines T-Shirts, zog ihn nah an mich heran, während er sich behutsam auf die Bewegung einließ und sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich legte. Seine wärmende Schwere und der Duft seiner Haut nahm ich voll und ganz in mich auf. Dabei schossen mir mit einem Mal heißbrennende Tränen in die Augen, denn so sehr überströmten Glücksgefühle meine Seele. Ihm schien es nicht anders zu gehen. So spürte ich seine hartwerdende Mitte, die mich und meine Mitte nur noch weiter in den absoluten Wahnsinn trieb. Es hätte ewig so weitergehen können. Eigentlich dachte ich, ich würde beim ersten Mal unglaublich nervös und hilflos sein, wüsste nicht recht, was zu tun sei und mich wie ein kleines dummes Schulmädchen anstellen. Doch ganz im Gegenteil. Nie war ich so sehr Frau, wie in diesem Moment. Und es war genau der richtige Zeitpunkt. Keinen Tag zu früh und was ein Glück, keinen Tag zu spät! Am schönsten war es, die gegenseitige Nacktheit zu fühlen. Haut auf Haut und dieser Wärmeaustausch, noch jetzt fühle ich diesen unglaublichen Energiefluss. Und was den Fluss bei mir betraf, so war ich dermaßen in Stimmung gelangt, dass sein Eindringen überhaupt keinen Schmerz verursachte. Nicht so wie in den vielen Teenie Filmen, wo alle immer schmerzerfüllt das Gesicht verziehen. Nein, es war einfach pure, feuchte Harmonie. Danach lagen wir noch eine Zeit eng beieinander, kraulten uns gegenseitig an den Armen entlang und ich hörte seinem Herzschlag zu. Nach einer gemeinsamen Dusche kehrten wir in die brutale Fantasywelt zurück und ich genoss es, in seinen Armen liegend die Kälte der runterfließenden Limo in meinem Hals zu spüren. "Ich war jetzt dein Erster, richtig?" fragte er mit einem stolzen und warmherzigen Lächeln. Ja, das war er und ich hätte es mit keinem anderen lieber erlebt.

Es war schon länger her, dass ich mal wieder so ein richtiges "amerikanisches" Date hatte und das zweite Mal, dass wir uns bei ihm zuhause trafen. Gemeinsames Kochen mit anschließendem Filmabend und Übernachtung stand an und ich hatte schon eine ganze Weile nicht mehr jemanden so an mich herangelassen. Seit es mit ihm vorbei war, hatte ich mich nur für körperlichen Spaß mit dem anderen Geschlecht getroffen und plötzlich steht mir da einer gegenüber, der mich nach meinem Tag fragt, während er Basilikum Pesto für uns zubereitet. Es fühlte sich zunächst sehr ungewöhnlich und ungewohnt an. Doch ich ließ mich an diesem Abend drauf ein. Es war ein fabelhaftes Menü. Der erste Gang bestand aus einem Glas Wein und leichtes Rummachen, wobei mir auffiel, dass mir seine Nähe ehrlich gefehlt hatte. Angeheitert tranken wir Glas Zwei in der Küche, wo er seine berühmte Pesto Pasta anrichtete, die sehr gut schmeckte. Nach dem Hauptgang kamen wir nicht um ein kleines Verdauungs-Petting herum, wobei wir uns anschließend auf dem Sofa niederließen und den Filmabend einleiteten. Seinen Arm hatte er um mich gelegt und ich lehnte mich an seiner Brust an. Allerdings habe ich mich nicht recht auf den Film konzentrieren können, denn Erinnerungen an den einen überkamen mich mit einem Male. So wie dort lag ich auch bei ihm, so wie mein Gegenüber sich anfühlte und auch roch, so war es auch bei ihm gewesen. Es schien, als hätten sie das gleiche Parfüm und das entriss mich dermaßen aus diesem eigentlich so angenehmen Abend. Der Film ging vorüber und ich schmeckte noch den leckeren Geschmack des Nachtisches auf meiner Zunge. Um alles abzurunden, verwöhnte er mich ein letztes Mal an diesem Abend mit seinen Berührungen. Dieses Mal ähnelte sich auch hierbei die Empfindungen, die ich bei beiden Männern vernahm. Ihre Körperwärme, die Gerüche und sogar ihr Stöhnen. Das war ehrlich gruselig. Ich hätte mich so gerne an diesem Abend fallen gelassen, aber die Gedanken kreisten so sehr um den einen, während der andere auf mir lag, dass es mir nicht möglich war. Bevor er das Licht ausschaltete, gab er mir noch einen Gute Nacht Kuss und ich lag noch eine ganze Weile wach neben ihm. Diese Grübelei-Wolke blieb so hartnäckig über mir, ähnlich wie die Basilikum Stückchen des Pestos zwischen den Zähnen. Ätzend. So sehr ich es auch versuchte, aber das Nachdenken ließ sich nicht abstellen. Dieses ständige Vergleichen und das erneute Durchleben vergangener Gefühle. Würde es jemals aufhören? Oder würde der Erste ewig ein Teil von mir sein und für immer meine seelischen Empfindungen beeinflussen? Himmel, bitte nicht! Zwar wachte ich am nächsten Morgen frei von Pesto auf, doch reingewaschen von schlechten Gefühlen, Erinnerungen und Gewissensbissen war ich nicht.

Er gefiel mir online schon sehr auf seinen Bildern und es erfreute mich umso mehr, dass ein Match bei herauskam. Vom Aussehen und sogar vom Alter her stand er dem Ersten sehr nah. Na großartig, dachte ich zuerst, aber dann fand ich mich mit meinem Geschmack, was Typen anging, irgendwie doch noch ab und so traf ich ihn. Ein bildschöner Mann war er und wirklich mal ein Mann. Stämmig im Leben stehend, eine anregend tiefstarke Stimme und eine beschützende Muskelmasse, die mir mit hinreißendem Lächeln und kniezerschmetterndem Parfüm die Tür öffnete. Die Zeit bei ihm und auch der Sex waren ganz anders als ich dachte und mit nichts vergleichbar. Außer einer Sache. Die Haut. Diese Gleichheit von Körpergeruch und -gefühl, wie beim ihm damals. Und erneut dieser Mist mit immer wiederkehrenden Emotionen, wann nimmt das ein Ende?

Das muss es doch irgendwann einmal, andernfalls weiß ich mir keinen Rat mehr. Die Zeit mit ihm bereue ich keineswegs. Wirklich schöne und wunderbare Tage durfte ich mit ihm erleben. Aber diese Schlingen, die diese Zeit hinterlassen hatte, weshalb verfing ich mich darin immer wieder aufs Neue? Es scheint mir, dass beim Ersten Mal viel mehr als nur ein bloßes Stück Fleisch in mich eindrang. Alles hatte recht harmlos angefangen. Erst war es nur die Neugier und das Begehren nach sexueller Erfahrung. Dann sah ich diesen Mann, der meinem Idealbild so entsprach und mit dem ich all meinen Fantasien etwas Reales verleihen konnte. Es war ein so großartiger Start in das Erwachsenenleben. Doch dann kamen da Gefühle hoch, dann sprach plötzlich das Herz zu mir, wovon ich immer dachte, es hätte gar keine Stimme. Und so nahm es seinen Lauf. Die Entwicklung von Empfindungen und bestimmten Vorstellungen, die letztendlich nicht erfüllt werden konnten. Wie um das Zimmer von Dornröschen, so wuchs in der Zeit nach ihm eine große Dornenhecke um mein Herz herum. Mit riesengroßen Dornen, die sich teilweise nach außen hin, aber auch nach innen zu mir richteten und noch heute wie blöd herumstechen. Louise Aston sagte mal "Nicht der Geist allein, das Herz sei frei". Also entweder warte ich, bis Prinz Philipp auf seinem weißen Ross herbeireitet und die Hecke mit seinem Schwert durchschlägt oder ich bleibe in einem ewig andauernden Schlaf im Zimmer liegen. Könnte ich auch mit leben. Aber uff… dann würde mir auch sehr vieles fehlen, was gerade das Leben so ausmacht, und darauf will ich keineswegs verzichten. Dann überlege ich mir halt einen Weg, nutze die ein oder anderen chemischen Mittel, um aus der Dornenhecke herauszufinden und schreibe dann eine neue Geschichte für Dornröschen. Denn wenn Geist und Herz frei sind, dann sollte alles möglich sein!

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