Planetarischer Lover gesucht
Mit grinsendem Sonnenbrand durchs Leben gehen oder sich auf ewig dem schattigen Plätzchen verschreiben?...
Nichts kann manchmal so lebensbejahend sein, wie der Moment, wenn man in der Natur steht, den Blick nach vorne richtet und von den ersten warmen Strahlen des Sonnenaufganges geküsst wird. Die Hoffnung und Leichtigkeit, die dabei in Seele und Körper hineinströmen und den Geist mit positiven Kräften bestärken, halten nur leider nicht allzu lange über den restlichen Tag an. Jedenfalls ist das bei mir der Fall. Ich schaue hoch, begrüße die leuchtende Schönheit am Himmel, senke den Blick und sehe meinen Schatten, das dunkle hinter und auch in mir. Er scheint so stark an mir festzukleben und es fällt mir nur sehr schwer, mich von ihm zu lösen. Er ist immer da und das weiß mein Geist. So sehr ich es liebe in der Sonne zu stehen, vollkommen zu genießen und loszulassen, dazu bin ich nicht fähig. Stets trage ich die unangenehmen, nicht leuchtenden Gedanken und Gefühle in den hinteren Teilen von Kopf und Herz mit mir mit. Einfach abschalten, das bekomm ich nicht gebacken. Es ist ähnlich wie beim Cookies backen: ganz genau nach Rezept forme ich kleine Teelöffel-Teigkugeln, verteile sie mit ausreichend Platz auf dem Blech und schiebe sie mit korrekter Zeitangabe in den Ofen. Was ziehe ich heraus? Keine Cookies, sondern ein platter Cookie Kuchen. Alle sind sie ineinandergelaufen, obwohl ich genug Abstand zwischen den Kügelchen hatte. Es ist zum Haare ausreißen. Und so ist es mit den schönen Augenblicken, die ich erleben darf. Ich strenge mich an, diese vollkommen zu genießen, mich fallenzulassen und jede Sekunde zu leben, zu lachen und zu lieben. Doch schau ich dann zurück auf diese Momente, erschreckt es mich immer wieder. Denn ich sehe und fühle die sich einschleichenden Schatten und dafür hasse ich mich ehrlich gesagt, denn es ist auch den Menschen gegenüber, mit denen ich die Zeit verbringe, nicht fair. Es macht einem zu schaffen, das andere aufgrund dieser Stimmungsschwankungen ihre freie Zeit teilweise mit im Schatten verbringen müssen. So zieh ich mich lieber zurück, aus Angst, anderen weh zu tun und aus mangelnder Kraft, den blick allein in Richtung Sonne zu richten.
Früher war das anders. Da ging für mich niemals die Sonne unter. Auch nachts schien sie in ihren prachtvollsten Farben und hielt mein Inneres warm. Manchmal so sehr, dass ich wie ein voller Ballon vor lauter Glück hätte platzen können. Seit viel zu langer Zeit hat hier schon lange nichts mehr geknallt, abgesehen von einigen Schädel-gegen-Wand-hauen Versuchen. Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnere, wo wir "ich packe meinen Koffer mit…" bis zum Umfallen gespielt haben, da bemerke ich, dass ich stets nur Gutes mitnahm. Alles, was lästig oder belastend hätte werden können, das hielt ich mir vom Leibe. Es war ein so wunderschöner Koffer! Wo habe ich den nur versteckt? Heute packe ich meinen Koffer mit Lernzetteln und Büchern für die Uni, Alltags To do-Listen und mit dem kiloschweren Necessaire, ausgestattet mit Zweifeln, Ängsten, Selbsthass, Wut, Traurigkeit und Gefühlslosigkeit. So denke ich ständig nach und schaue auch traurig drein, wenn ich mein Ich von damals mit dem von heute vergleiche. Meine Gedankengänge verknoten sich manchmal derart ineinander, als würden sie sich durch Strangulation selbst ausschalten wollen. Und wenn das passiert, wenn der Geist aus mangelnder Kraft endgültig aufgibt, dann geht mir wirklich wie im Comic die Lampe aus. Ein kurzer Schwindel, eine leichte Übelkeitswelle und zwei Messerstiche in Herz und Lunge. Aus die Maus. Ganz schlimm ist es sonntags am Abend. In den Stunden vor dem Start in den Montag könnte ich mein Netflix Heimkino am sinnvollsten neben der Kloschüssel verbringen. Dann würde ich mir den langen Weg sparen. Kennen bestimmt viele, diese Anspannung vor einer neuen Woche, der Druck, es geht wieder los und man weiß nicht genau, was auf einen zu kommen und was alles passieren wird. Was alles scheitern könnte und dieser Stress, was man anziehen soll. Wirklich… zum kotzen! Nein, da bleib ich doch lieber qualvoll neben der Schüssel, denn da kann ich sicher sein, egal was ist, sie ist da und die bleibt auch da. Den Schritt nach draußen machen? Erwachsen werden? Sich eine Backpfeife nach der anderen einfangen oder je nachdem selbst eine verteile? Nein, danke.
Doch was wäre mein Leben ohne Zwiespältigkeit. So erhebt sich der sonnengeile Teil meiner Seele bei jedem Aufkommen missmutiger Gedanken und flüstert mir in den Geist: jetzt halt mal die Luft an, du Trauerkloß, und denk an Freddies The show must go on! Okay… ich versuch es. Und irgendwie scheint es immer wieder zu funktionieren, denn ich erinnere mich manchmal mit einem Schlag an so viele glückliche Momente, an positiv aufgeschnappte Erzählungen, Sprüche und an die wärmenden Begegnungen mit Menschen. Mit einem Mal spür ich, wie sich in mir die lachende Teletubbies Sonne heraus aus dem schattigen Sumpf zieht. Wie Oma schon sagte, sich nicht unterkriegen lassen. Weder von einem Montag noch von gestaltlosen Gedanken. Wie Édith Piaf schon sang, Non, je ne regrette rien oder wie eine Seelenverwandte von mir sagte, Ich liebe die Liebe. Und das Leben mit dieser Liebe. Man sollte nichts bereuen, weder Gutes noch Schlechtes, sondern jeden Tag aufs Neue beginnen. Also werde ich jetzt händchenhaltend mit der Sonne um die Welt ziehen. Scheint der Beginn einer wunderbaren Liebesgeschichte zu sein…